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Ampservice / Tuning

1979er Fender Vibrolux Reverb Amp

Manche Geschichten schreibt einfach das Leben!

Wir haben Ende 2021 einen 1979er Fender Vibrolux Reverb gekauft. Kein Sammlerstück... modifiziert... aber er klang gut. Warum? Einfach weil wir den Vibrolux Reverb mit seiner 2x10er Bestückung cool finden und schon lange einen haben wollten. Seither fristet er leider ein trauriges dasein in unserer Werkstatt, wird wenig gespielt, und wir haben ihn nie aufgeschraubt und überarbeitet.

Irgendwie gab es nie den richtigen "Anlass"...

Im Juni 2024 haben wir dann durch Zufall den 14-Jährigen Ausnahmegitarristen, Rudi Beinroth aus Hamburg, auf dem Crossroads Festival vom No.1 Guitar Center kennengelernt. Und Rudi hat uns alle weggehauen mit seinem Ton und perfekten Stevie Ray Vaughan licks. Beim anschließenden Chatten meint Rudi: "Mein Traumamp wäre ein Fender Vibroverb!"

Moment mal: Wir haben doch diesen Vibrolux Reverb... der ist in vielen Bereichen die 2x10er Version von nem Vibroverb. Und der Amp würde sich bestimmt extrem freuen endlich mal wieder richtig gespielt zu werden. Zum Beispiel von Rudi. Also macht sich unser Mario nun ans Werk den Silverface Vibrolux Reverb fit für Rudi zu machen...

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Der Amp

Was haben wir denn hier?

 

Wir haben hier einen End-70er Fender Silverface Vibrolux Reverb.

Toller Amp! Viele halten ja den Fender Super Reverb mit seiner 4x10er Bestückung für den besten Amp, den Fender je gebaut hat. In vielen Bereichen ist der Vibrolux Reverb mit seiner 2x10er Bestückung die goldene "Mitte" zwischen einem Fender Super Reverb (4x10er Speaker) und einem Fender Vibroverb (1x15er Speaker).

Ok, Ende der 70er war nicht wirklich die "Golden Era" von Fender Amps. Unser Amp stammt tatsächlich aus der letzten Ära der Vibrolux-Reverbs von 1978-1982, wo Fender panisch versuchte mit irgendwelchen "Boost" Funktionen Marshall Paroli zu bieten. Hat nicht wirklich gut funktioniert. Klang auch scheiße. Aber die guten Nachrichten sind, das Fender beim Vibrolux Reverb immer recht nah an den Blackface-Wurzeln aus den 60ern geblieben sind. Vor allem bei den Trafos, welche identisch sind zu den früheren Modellen. Sehr gut!

Und wir haben auch keinen "unverbastelten" Amp.
Offensichtlich hat in unserem Exemplar mal jemand seine Modding-Künste ausgelebt und einen Mitten-Regler im Vibrato-Kanal, sowie ein Master-Volume integriert. Beides eigentlich keine schlechte Idee. Aber hey... kann man das nicht irgendwie eleganter lösen, wie einfach 2 Löcher für Potis durch das Amplogo zu bohren? Rückseite oder so, und das Frontpanel Original belassen?

Naja, wie auch immer. Dieser Fisch ist bereits geputzt. Sehen wir es positiv: Wir müssen uns bei unserem Amp keine allzu großen Gedanken über "Vintage Correct" und "Sammlerwert" machen. Das Thema ist "durch". Wir können uns darauf konzentrieren aus dem Amp nen tollen "Player" zu machen, ohne sich ständig die Frage zu stellen ob man damit jetzt den Sammlerwert schmälert.

Dating

Ohne Tinder...

 

Ok, wir haben ja schon großmundig geschrieben, dass wir hier einen 79er Vibrolux Reverb vor uns haben. Wie kommen wir darauf?

Nun, erstens schränkt schonmal das Vorhandensein der "Pull-Boost" Funktion im Vibrato Channel unseren Amp auf die Version von 1978-1982 ein... [Link]

Dann können wir natürlich die Chassis-Nummer checken. Diese ist A988307. A9 + 5 weitere Digits deutet bereits stark auf 1979 hin. [Link]

Und hey, wir können auch noch die Trafo-Codes checken. Der späteste EIA-Code findet sich auf dem Netztrafo mit 606-923. Dieser wurde offensichtlich in Woche 23 in 1979 von der Schuhmacher Electric Corp gefertigt. Alle anderen Trafos stammen übrigens auch von Schumacher (EIA 606), und sind baugleich mit den früheren Blackface Modellen.

Wir können uns also sehr sicher sein, dass unser Amp in 1979 hergestellt wurde.

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Expectation Management

Was kommt auf uns zu?

 

Also gut, was wissen wir?
Wir haben einen 79er Fender Vibrolux Reverb. In diesem war definitiv schon mal jemand unterwegs, ansonsten gäbe es keine nachgerüsteten Mid- und Master-Regler. Was hat der Techniker sonst noch gemacht? Hat er bereits alle Elektrolytkondensatoren erneuert? Hat er seine Modifikationen "anständig" ausgeführt, oder erwartet uns mal wieder eine "Shit-Show"?

Generell spielt der Amp ziemlich gut, ohne ein übermäßiges Brummen oder komischen Geräuschen in den beiden Kanälen. Kann also nicht ganz "daneben" sein. Trotzdem erwarten wir bei einem Spät-70er Silverface Amp, das typische "Wachs-Inferno" auf den Löt-Boards (später mehr)...

Das Tremolo (also das Vibrato nach der Logik von Leo Fender) funktioniert aktuell nicht. Das müssen wir uns anschauen.

Der Reverb funktioniert und ist ist cool, aber wie so oft bei Fender bei Reglerstellung >3 viel zu mächtig.

Eine gute Nachricht ist, dass die 2 bestückten Lautsprecher die originalen CTS-Speaker sind, und diese noch gut funktionieren. Übrigens stammen diese aus Woche 27 von 1979. Die CTS Speaker liefern einen tollen und sehr crispen Clean-Sound. Typisch Fender, wo der​ Lautsprecher sehr stark darauf getrimmt war einen tollen Clean-Sound zu liefern und "Distortion" eher ein Fremdwort war.

Von daher könnte man annehmen:
Cool, an dem Amp sind ja vermutlich nur ein paar Kleinigkeiten zu fixen, und dann "ab zu Rudi". Könnte man machen, machen wir aber nicht. 

 

Warum? Fender Silverface Amps haben "Problemzonen".

An diesen kann man immer wieder punktuell rumbasteln. Damit erhält man aber meist einen Amp der regelmäßig immer wieder neue Probleme zeigt. Oder man macht es einmal "Richtig". Dann hat man einen Amp der in vielen Bereichen besser ist wie der Werks-Zustand und der auch harten Probebetrieb und Live-Einsatz klaglos mitmacht.

Hose runter!

Butter bei die Fische...

 

Beim Arzt würde das heißen: "Wenn sie sich bitte mal freimachen würden."

Wir schauen dem Vibrolux Reverb jetzt mal unter die Haube und sind gespannt, welche schmutzigen kleinen Geheimnisse wir so finden.​​

Röhrenset:

Aaaalso, da haben wir ein neueres Endstufenpärchen 6L6WGC-STR von TAD. Prima, da sagen wir nicht nein, und da der Amp wenig brummt scheint das Duo auch noch gut gematcht zu sein. Neben der originalen Fender 5U4GB Gleichrichterröhre findet sich dann ein buntes Sextett aus Vorstufenröhren von Fender, Groove Tubes, Siemens (oha!) und welchen wo die Beschriftung runtergeputzt wurde. Machen alle keinen schlechten Eindruck, aber die Wahrheit wird sich spätestens beim Vermessen auf unseren eTracer Messsystem zeigen.

Elko's:

Genauer gesagt: Elektrolyt-Kondensatoren.
Sind in jedem Amp drin. Im Netzteil und an den Kathoden der Vorstufenröhren. Warum sind diese immer ein Thema? Weil sie eine begrenzte Lebensdauer haben. Man geht so von ca. 20 Jahren aus, je nach "Lifestyle". Danach können sie noch prima funktionieren, müssen aber nicht. Ist wie mit Mindesthaltbarkeitsdatum. Ein Joghurt der ein halbes Jahr "drüber" ist kann noch genießbar sein, aber wollen wir den wirklich noch essen? Vor allem bei Vintage-Amps die regelmäßig bei Proben und Gigs gespielt werden ist Betriebssicherheit das oberste Gebot, und hier müssen die Elko's einfach getauscht werden. Punkt. Experimente mit "Vintage Elko's" sind hier einfach fehl am Platze.

Ok, wie sieht es in unserem Vibrolux aus?
Äh... interessant! Also, die Elko's in der Bias Schaltung wurden schon mal getauscht. Das war eine gute Idee, weil diese überlebenswichtig für den Amp ist. Nebenbei bemerkt hätte ich hier auch gleich die 45 Jahre alte Gleichrichterdiode erneuert. 

Die Kathoden-Elko's in der Vorstufe wurden nicht erneuert. Hmmm, kann man machen, muss man nicht. Und *schock* die Netzteilelkos sind noch die originalen Mallory aus Woche 29 1979 drin, mit 45 Jahren auf dem Buckel. Das muss man jetzt nicht verstehen. Diese sind genauso überlebenswichtig für den Amp wie die Bias Elko's. Letztere wurden erneuert, aber nicht die Netzteilelkos? Really?

Also: Hiermit hat der Vibrolox nen kompletten Cap-Service gewonnen!

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Das Wachs-Problem:

Ja, 70er Fender Silverface Amps haben ein Wachs-Problem! So auch unser Vibrolux Reverb...

Fender hat ja seit jeher gerne Eyelet-Lötboards aus Pertinax verwendet. In den 70ern hatte dann jemand bei Fender bedenken, dass diese Lötboards ja vielleicht Feuchtigkeit aufnehmen könnten und dann leitfähig werden. Das ist eine berechtigte Sorge. Nur hat dann Fender die komplett falsche Gegenmaßnahme ergriffen und war der Meinung, dass man dies verhindern kann wenn man die bestückten Boards einfach in Wachs taucht um die Oberfläche zu versiegeln.

 

Erstens mal gibt das ne Riesen-Sauerei wenn man an so nem Board lötet, und zweitens hatte Fender nicht bedacht, dass sich die Wachsschicht im Laufe der Jahre gerne mit den unterschiedlichsten Schmutzpartikeln verbindet und leitfähig wird. Da misst man dann auch gerne mal einige Volt auf der Board-Oberfläche wo sie nicht sein sollten.

 

Hieraus ergeben sich die lustigsten Fehlerbilder. Crackling, Toilettenrauschen, etc.
Und diese sind stark abhängig vom Einsatz des Amps: 2h aufm Gig gespielt... auf einmal rauscht die Kiste wie ne Klospülung. Am nächsten Tag im Proberaum gecheckt: Alles ok.  

Tja, im ersten Fall ist vielleicht das Wachs aufgrund der Hitze geschmolzen und hat ein Problem verursacht, und am nächsten Tag war das Wachs wieder fest.

 

Vielleicht rührt auch daher der Ruf von Fender Silverface Amps irgendwie ne "Dauerbaustelle" zu sein. Das kann man abstellen. Später mehr...

​Grounding-Problems:

Zu Deutsch: "Masseführungsprobleme". 
Hey, das klingt wirklich sehr "Deutsch"! Fangen wir mal mit den Basics an: In Fender Amps werden gerne mal Masse-Lötösen bei den Befestigungs-Schrauben der Trafos eingefügt. Das ist sehr wirtschaftlich, aber leider nicht langlebig (und heutzutage in manchen Bereichen auch nicht mehr zulässig). Dummerweise ist speziell der Netztrafo meist das schwerste Bauteil, welches beim Spielen des Amps vibriert. Hierdurch lockern sich auch gerne mal die Befestigungsschrauben und auch die entsprechende Lötstelle. Wir hatten erst neulich nen Fender Bassman 135 wo man die Masse-Lötösen am Netztrafo mit dem kleinen Finger im Kreis drehen konnte. Das wollen wir nicht! Es macht einfach Sinn mechanische Verbindungen von elektrischen Verbindungen zu trennen.

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Die Schaltung und das Löt-Board:

Ok, wir wissen der Amp wurde gemoddet mit einem Mitten-Regler und einem Master Volume. Das wurde auch halbwegs gut ausgeführt. Darüber hinaus hat auch Fender bereits die aus der Blackface-Ära vorhandenen Lötboards ein wenig "vergewaltigt" um die "tollen" Silverface-Mods umzusetzen. Lasst uns mal schauen in wie weit wir hier "Back to Basics" gehen können. Und vielleicht können wir hier auch gleich das berühmte "Spaghetti Wiring" der späten Siverface-Amps ein wenig korrigieren.

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Die Bias-Schaltung:

Bei den Silverface Amps, hatte Fender die glorreiche Idee von der klassischen, einstellbaren Bias-Schaltung abzuweichen und dafür eine "Output Tube Matching" Schaltung einzubauen, mit der auch nicht gematchte Endstufenröhren verwendet werden können. Die Amp-Techs dieser Welt sind sich aber einig, dass dies Blödsinn ist, und man doch lieber eine Bias-Schaltung haben möchte mit der unterschiedliche "Matched Pairs" an Endstufenröhren sinnvoll eingemessen werden können.

Das wurde von einem früheren Amptech bereits geändert. Funktioniert auch einigermaßen, aber ehrlich gesagt, kann man das etwas eleganter lösen wie mit "Fly-Wires".

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Endstufen-Röhren Sockel:

Traditionell fügt Fender immer direkt an den Endstufenröhrensockeln die Grid-Stopper und Screen-Grid Widerstände ein. Das ist eine prima Idee, machen wir bei TWS auch so. Jetzt ist es aber halt so, dass Fender hierfür Kohlepress-Widerstände verwendet hat, die relativ hitzeempfindlich sind. Dann wurden diese auch noch so "tight" montiert, dass diese direkt der aus den hängenden Endstufenröhren aufsteigende Hitze ausgesetzt sind. Keine gute Idee! Vorallem nicht langzeitstabil. Kann man besser machen.

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The Plan

To Do-Liste...

 

So, nachdem wir dem Vibrolux jetzt alle seine schmutzigen Geheimnisse entrissen haben, zeichnet sich am Horizont ab was zu tun ist.

Ziel ist es einen hervorragenden "Player-Amp" zu machen, der alle Schwachstellen aus der Silverface-Ära beseitig hat, in einem Top-Zustand ist, und absolut Probe- und Gigtauglich ist.

Wir versuchen so viel wie möglich der originalen Teile zu erhalten, machen uns aber keinen allzu großen Kopf über "Vintage Correct". Wo man etwas verbessern kann, wird es verbessert.

Während des Umbaus werden wir den Amp wieder größtenteils zurück bauen auf die AA964 "Blackface-Spec". Das später integrierte Mitten-Poti und Master-Volume werden wir in abgewandelter Form beibehalten. Erstens weil es sinnvolle Features sind, und zweitens weil wir diese unschönen Löcher im Frontpanel haben, die sich auch nicht wirklich elegant kaschieren lassen

To Do Liste:

- Tausch der Netzteil-Elkos

- Überarbeitung des Bias Board

- Überarbeitung des Massepunkte an den Trafo-Befestigungen

- Überarbeitung der Beschaltung der Endstufenröhrensockel

- Entfernung aller Mods

- Komplette Überarbeitung des Lötboards nach AA964 Blackface Spec

- Implementierung eines Mitten-Reglers und eines PPIMV Master-Volumes

- Inbetriebnahme und Fine-Tuning

Los geht's.

Cap-Job...

In einem anderen Metier sind B...-Jobs an der Tagesordnung. Bei uns Amp-Technikern sind es eben Cap-Jobs.​​​ Während in dem anderen Metier meist der Kunde nach dem B...-Job fragt, ist es bei Amps meist so, dass wir Techniker den Kunden davon überzeugen müssen, dass der Cap-Job eine gute Idee wäre.

Warum müssen Elko's getauscht werden?

Elko's sind nicht für die Ewigkeit gemacht. Das liegt in ihrem Aufbau mit Folien und Eletrolyt. Dieses wird im Laufe der Zeit austrocknen und es wird ungewollte chemische Reaktionen geben. Oft erkennt man das daran, dass der Kondensator anfängt sich "aufzublähen". Dann wird es höchste Eisenbahn.  Als grobe Faustregel kann man sagen, dass Elkos mit guter Qualität ca. 20 Jahre halten. Was danach passiert ist Glücksspiel.

  • Manche halten noch weitere 20 Jahre. Das sind die "Nice Guys"!

  • Manche sind zumindest so nett, einfach langsam ihre Kapazität zu verlieren, was sich in einem langsam steigenden Netzbrummen äußert.

  • Manche sind nicht ganz so nett, und werden langsam zum Widerstand, was zu einer immer höheren Stromaufnahme führt und den Netztransformator grillen kann.

  • Und die wirklich fiesen Exemplare machen irgendwann spontan einen harten Kurzschluss oder explodieren (Riesen-Sauerei!). Das sind dann die Servicefälle mit der Beschreibung: "Auf einmal gab es ein lautes Knallen im Amp, und danach hat er laut gebrummt." Nicht so cool wenn das während einem Gig passiert.

Aaaaaaalso:

Ihr habt da einen wertvollen Vintage-Amp den ihr wie ein rohes Ei behandelt und nur ab und zu bei Zimmerlautstärke spielt? Ok, da können wir drüber reden die Original-Elkos so lange wie möglich drin zu lassen solange sie keine "Symptome" zeigen.

Wenn ihr nen Vintage Amp regelmäßig bei hoher Lautstärke bei Proben und bei Gigs spielen möchtet, dann gibt es hier eigentlich wenig Raum für Diskussionen: Die Elkos müssen getauscht werden! Alles andere ist "grob fahrlässig". Und wenn bei uns ein Kunde auftaucht, der am Boden zerstört ist, weil in seinem "All Original" 1964er VOX AC30 defekte Elkos den Netztrafo getötet haben, hmmm ja... dann hält sich unser Mitleid leider in Grenzen. Sorry to say! Mit eurem Auto geht ihr ja schließlich auch zur Inspektion. Aber wir schweifen ab.​..

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This is how we do it!

Es gibt in einem Vintage-Fender Amp verschiedene Methoden die Netzteilelkos zu erneuern. Davon sind manche schlampig, aber billig. Andere wiederum aufwändiger, dafür nachhaltig und nach "Factory Spec".

 

Bei den "schlampigen" Methoden werden meist einfach die alten Elkos an den Leitungen abgeknipst, diese zu einer Schlaufe gebogen und daran die Leitungen der neuen Kondensatoren eingehakt und angelötet. Das nennt man J-Hooking. Funktioniert elektrisch einwandfrei... geht schnell... sieht nicht hübsch aus... und ist in einem Vintage-Amp auch nicht wirklich würdevoll. Wenn ihr eine Operation anstehen habt, sagt ihr dann auch dem Arzt: "Flick das bitte möglichst günstig wieder zusammen. Muss nur funktionieren, nicht gut aussehen... ?!?!"

Und dann kann man das auch "richtig" machen. Dabei wird in einem Fender Amp, das Elko-Board komplett von seinen Bauteilen befreit, gereinigt, und anschließend neu bestückt. Und zwar so, dass die Anschlüsse der neuen Elkos bereits mechanisch gut gesichert sind, und diese zusätzlich noch mit einem Klecks Silikon vor Vibrationen geschützt sind.

Mal davon abgesehen, dass wir Generell "Bastel-Reparaturen" ablehnen, macht der Neuaufbau speziell in einen 70er Silverface Amp Sinn. Das liegt, an der bereits erwähnten, Wachsschicht die sich auf allen Lötboards befindet und die das rumlöten darauf zu einem Alptraum macht. Dazu später aber mehr wenn wir uns das Preamp-Board vornehmen.​​

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Neuaufbau & Modding:

So, wir haben das Elko-Board komplett entfernt, gereinigt und neu bestückt.

Die originalen Mallory-Elkos verfügen über eine Spannungsfestigkeit von 450V und eine Temperaturfestigkeit von 85°C oder weniger.

 

Wir haben diese getauscht mit TAD Typen, die über eine Spannungsfestigkeit von 475V und eine Temperaturfestigkeit von 105°C verfügen. Die erhöhte Spannungsfestigkeit gibt uns zusätzlichen "Headroom" bei unseren aktuellen Netzspannungen von >230V. Die originalen Elkos mit 450V waren da ziemlich knapp dimensioniert. Die 105°C Temperaturfestigkeit beschert uns einfach eine höhere Langlebigkeit.

Die beiden Kohlepress Dropping-Widerstände waren von den Werten her noch absolut ok. Allerdings macht es hier absolut Sinn, diese gegen moderne 2W Metallschicht-Widerstände mit höherer Belastbarkeit auszutauschen die unempfindlich sind gegenüber Temperaturschwankungen. Diese Widerstände haben keinerlei klangliche Funktion. Sie müssen einfach nur möglichst gut funktionieren

Modding:
Und ja, wir haben hier bereits ein wenig "gemoddet". Im Silverface Vibrolux-Reverb wurde der erste Dropping-Widerstand deutlich kleiner gewählt als in den Blackface Amps. Dies gibt der Vorstufe und dem Phase-Inverter eine etwas höhere Versorgungsspannung. Das Ziel war, den Amp länger Clean zu halten. Dies ist auch gelungen. Allerdings sagt man den späten Silverface Amps auch nach etwas unterkühlt und recht "Spitz" zu klingen. In einer Nile Rodgers Coverband wäre dies sicherlich perfekt. 

Da Rudi aber eher dem klassischen Blues verschrieben ist, haben wir die Dropping-Widerstände auf "Blackface Spec" angepasst, wo die Vorstufe an einer etwas geringeren Spannung läuft , und damit auch früher in den Breakup geht. Man sagt den Blackface-Amps ja nach: "Wenn Du da Volume über 3-4 drehst, dann ist der Amp nicht mehr clean, sondern fängt leicht an zu verzerren." Und ja, ich glaube genau das wollen wir hier!

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Bias Board

Laaaaaaangweilig, aber wichtig...

So, die Netzteil-Elkos sind also wieder "Happy". Widmen wir uns dem Bias-Board.
Was macht das? Hmm, also hier wird eine negative Spannung erzeugt, welche wir verwenden um die Endstufenröhren auf den richtigen Arbeitspunkt einzustellen. Muss man nicht im Detail verstehen...

Was passiert wenn hier ein Fehler auftaucht?

Naja, das kann die Endstufenröhren an den Rand einer Kernschmelze führen und vielleicht sogar den Ausgangsübertrager töten. Kurz gesagt: Das ist ziemlich blöd, und wir wollen das nicht.

Das Bias-Board ist also eine wichtige, sicherheitsrelevante Baugruppe in einem Amp, auch wenn es alles andere als "Sexy" ist.

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Was haben wir in unserem Amp?

Ursprünglich sollte sich in unserem Silverface Vibrolux Reverb eine Schaltung befinden die Fender "Output Tube Matching" genannt hat. Hiermit kann man auch nicht gematchte Endstufenröhren so einstellen, dass sie gleichmäßig laufen. Priiiiiima idee! 

Leider ist es in der Praxis nun so, dass wir Endstufenröhren eigentlich immer als "Matched Pair" tauschen und wir dieses Pärchen gerne vom Bias her optimal einstellen wollen. Nicht zu kalt, nicht zu heiß... schön kuschelig warm. Ihr wisst schon. Ja, das geht nun leider nicht mehr so ohne weiteres.

Lange Rede, kurzer Sinn:

Nice try Fender! Ihr habt ein Problem gelöst, welches in der Praxis nicht existiert. Dafür habt ihr uns der Möglichkeit beraubt verschiedene "Matched Pairs" optimal einzumessen. Ein früherer Techniker war bereits so nett, dies wieder auf die "normale" Möglichkeit der Bias-Einstellung aus der Blackface-Era umzubauen. Funktioniert auch ganz gut, geht aber auch ein wenig "schicker".

Aufräumarbeiten...

Gibt es normalerweise nach einem Unfall. Einen Unfall haben wir hier nicht wirklich, aber die bereits modifizierte Schaltung bietet doch einiges an Verbesserungspotential:

  1. Das Board vom Wachs befreien

  2. Die olle Diode tauschen. Funktioniert zwar noch gut, aber ihr wisst ja: Wenn diese kaputt geht, dann Kernschmelze!

  3. Die alten Kohlepresswiderstände sind zwar "Vintage Correct", aber an dieser Stelle verwenden wir dann doch lieber moderne Metallschicht, bzw. Metalloxid-Typen mit enger Toleranz und hoher Temperaturstabilität. Hier geht es nicht um "Sound".

  4. Einen 2. Kondensator zur besseren Glättung der Bias-Spannung zu integrieren war eine sehr gute Idee. Aber hey, das geht auch eleganter...

Wir haben also auch hier das komplette Board herausgenommen, gereinigt, und dann das Board-Layout so verändert dass wir beide Glättungskondensatoren und auch den Dropping-Widerstand vor dem Bias-Einstellpoti dort unterbringen können. Yeah, keine freiverdrahteten Bauteile mehr! Und am Ende des Tages haben wir den Tail-Resistor in der Bias-Schaltung vom Wert her noch so angepasst, dass wir einen optimaleren Einstellbereich erhalten.

Grounding

Wir sind ja sowas von Geerdet!

Machen wir es kurz: Erdung in einem Amp sorgt 1. für Sicherheit und 2. für wenig Nebengeräusche in Form von Brummen.

Hier gibt es ausgeklügelte Masseführungskonzepte um das möglichst optimal hinzukriegen. Diese hat Fender alle nicht so richtig befolgt. Ist aber nicht so tragisch, weil Fender hat keine High-Gain Amps gebaut. Deshalb können Fender-Amps trotzdem sehr "leise" sein in Punkto Nebengeräusche.

Eine Sache ist aber ein "No-Go":

Früher war es oft üblich, die Befestigungsbolzen des Netztrafos auch gleichzeitig für Masse-Lötösen zu verwenden. Jetzt ist es aber so, dass der Netztrafo das schwerste Bauteil in einem Amp ist, und sich vor allem durch die Vibrationen in einem Combo die Verschraubungen auch gerne mal lockern im Lauf der Jahre.

Was hat man dann? Richtig: Wackelige Masseverbindungen!

Wir hatten erst neulich nen Bassman 135 zum Service, bei dem konnte man die Lötöse der Center-Tap Masseverbindungen mit dem kleinen Finger im Kreis drehen. Nicht gut!

Wie schon so oft erklärt: Mechanische Verbindungen und elektrische Verbindungen sollten möglichst getrennt sein. Ich höre mich glaub an wie ne alte Schallplatte.

This is how we do it:

  1. Die Muttern an der Trafo-Verschraubung halten nur den Trafo. Sonst nix!

  2. Alle Masse-Verbindungen werden direkt ans Chassis gelötet. Dafür braucht man dann in Punkto Lötkolben das "Big Gun". Versucht bitte nicht das mit dem 20,- EUR Teil aus der Elektronik-Wühlkiste zu machen. "Rankleben" ist was anderes als "Löten".

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Röhrensockel

Na Jungs, seid ihr noch fit?

In jedem Vintage-Amp muss man sich die Röhrensockel und deren Verkabelung ansehen.

  1. Sind die Kontakte oxidiert und müssen gereinigt werden?

  2. Machen die Röhrensockel noch soliden Kontakt zu den Röhren, oder sind diese ausgelutscht und man muss die Pins nachbiegen, oder gar den Sockel tauschen?

  3. Ist die Verkabelung der Röhrensockel gut ausgeführt?

Hier haben wir:

  1. Alles prima! Wir haben trotzdem mit Isopropanol gereinigt.

  2. Jap, hier ist alles solide.

  3. Ähm nope, da sind wir nicht ganz einverstanden damit!

Neu-Verdrahtung der Endstufenröhren-Sockel:

Bei den Vorstufenröhren ist da soweit alles prima, bei den Endstufenröhren sind wir nicht so richtig happy.

  1. Die 1.5k Gridstopper-Widerstände sind extrem nah an der heißen 6V6 installiert. Und es sind hitze-empfindliche Kohlepress Widerstände. Zwar zeigen alle noch gute Werte, aber hier lohnt es sich einfach neue Widerstände mit etwas Abstand zu installieren. Wir haben hierfür 1W Kohleschicht-Typen gewählt, und diese so installiert dass es etwas "Airflow" zwischen der Röhre und den Widerständen gibt.

  2. Und auch die 470 Ohm Kohlepress Screen-Grids liegen direkt in der aufsteigenden Hitze der Endstufenröhren. Wir tauschen diese gegen super-robuste 5W Drahtwiderstände die seitlich verlegt werden.

  3. Dann haben wir da noch die 2000pF Kondensatoren am Steuergitter der Endstufenröhren, die Fender eingeführt hat um Oszillationen zu unterdrücken. Diese "klauen" ein wenig Offenheit im Sound. Nun ja, die Oszillationen kommen von der schlampigen Verkabelung der Silverface Amps. Diese werden wir korrigieren, und so machen dass es keine Oszillationen gibt die man unterdrücken muss.

  4. Und wenn wir schon dabei sind: Die Kathoden der Endstufenröhren sind direkt ans Chassis gelötet (= Masse). Diese Verbindungen muss man unbedingt kontrollieren. Und wo wir schon dabei sind, fügen wir auch gleich zwei sehr eng tolerierte 1 Ohm Widerstände ein, damit man in Zukunft easy den Bias messen kann. 

Jetzt kommt der große Fisch

Das Eyelet-Board und sein Wachs-Problem!

History:
Wo fangen wir bei diesem Thema an? Am Besten mit ein wenig Historie...

Seid den Anfangstagen der Fender-Amps wurden hier Eyelet-Boards aus Pertinax verwendet. Einfach gesagt: Mit Phenolharz imprägnierte Hartpappe. Klingt vielleicht komisch, is aber so.

 

Auch wenn diese im Laufe der Zeit dazu neigen sich zu wellen, ist es doch eine robuste Basis. Leicht zu bestücken und leicht zu servicen. Diese haben auch den "Test of time" bestanden. Ich kenne keinen Amp-Techniker der sagt: "Oh, diese alten Eyelet-Boards aus den 60ern... die machen nur Probleme!"

Also eigentlich alles gut. Aus irgend einem Grund kam Fender dann in den 70ern auf die Idee, dass es super-cool wäre die bestückten Boards in Wachs zu tauchen. Ein schlauer Mensch meinte vermutlich: "Hey, wir tauchen doch alle unsere Tonabnehmer in diese Wachsbäder... und danach sind die viiiiiiel besser. Lasst uns dass doch auch mit den Boards aus unseren Amps machen, dann sind die bestimmt auch viiiiiiel besser." Und alle sagten: "Great idea!"

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Da wir nicht nachvollziehen können, was die Beweggründe waren, haben wir einen Experten befragt: ChatGPT!

Hier kurz zusammengefasst die Ausführungen von ChatGPT und unsere Kommentare:

  1. Stabilisierung der Komponenten... ähem NOPE, dafür müssten die Bauteile schon komplett in Wachs vergossen sein.

  2. Schutz vor Feuchtigkeit... hmmm vielleicht. Allerdings ist uns nicht bekannt, dass die früheren Amps ein Feuchtigkeitsproblem hatten.

  3. Verhinderung von Mikrofonie... auch dafür hätten die Bauteile komplett vergossen sein müssen, und irgendwie ist uns auch kein Mikrofonie-Problem älterer Amps bekannt.

  4. Erleichterung der Montage und Wartung... das ist jetzt echt ein schlechter Scherz, oder? ChatGPT verkauft uns die gewachsten Boards als "Servicefreundlicher"!

Also entweder ist ChatGPT ne Vollpfeife, oder die Marketing Abteilung von Fender hat in den 70ern krampfhaft nach irgendwelchen Dingen gesucht, wie man die Silverface-Amps als "Verbesserung" verkaufen kann. Vielleicht stimmt auch beides, und das super-schlaue ChatGPT gibt nur brav den Marketing-Bullshit von Fendern aus den 70ern wieder.

Who knows?

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Fakt ist jedenfalls:

Das Wachsen der Eyelett-Boards war ne sch... Idee!

  1. Der Amp wird im Betrieb heiß. Dadurch wird das wachs klebrig und zieht magisch allen möglichen Schmutz an, der sich auf dem Wachs absetzt. Im Laufe der Zeit ergibt das eine leitfähige Schicht auf dem Board und es entstehen Kriechströme.

  2. Wenn man an dem Board Service-Arbeiten durchführt, schmilzt als erstes das Wachs und man bekommt Lötstellen die ne Mischung aus geschmolzenem Wachs und Lötzinn sind. Das ist elektrisch nicht gerade ideal, und es ist ne Riesen-Sauerei!

Das ist einer der Hauptgründe, warum Silverface-Amps in dem Ruf stehen "Problemkinder" zu sein. Sie machen immer wieder Geräusche. Klospülung... Crackling... etc. Bei einem Service wird dann oft ein Bauteil getauscht und das Problem ist verschwunden. Super! Nach 4 Wochen kommt das Problem wieder zurück. Warum? Das Bauteil war nicht defekt. Aber beim Einlöten des neuen Bauteils hat man die Wachsschicht geschmolzen, und das hat kurzfristig die Symptome behoben.

Wir hatten schon Silverface Amps bei denen wir auf der Board-Oberfläche 5-20V gemessen haben. Und da sollten eigentlich 0V sein! Wir hatten auch schon Silverface Amps wo wir (um die Kosten gering zu halten) nur partiell das Wachs weggeputzt haben. Hier sind dann immer wieder an anderen Stellen neue Probleme entstanden. Und wir hatten auch schon Amps, wo wir die Oberfläche des Boards so gut wie möglich vom Wachs befreit haben und diese dann immer noch starke Nebengeräusche gezeigt haben. Wenn wir dann das Eyelett-Board gelöst und angehoben haben, sind die Nebengeräusche verschwunden, aber es gab lautes Knallen auf dem Speaker. Ja, genau... die Wachssuppe ist auch auf der Unterseite des Lötboards, und hier sehen wir nicht mal was Sache ist.

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What to do?

Aus unserer Erfahrung heraus gibt es genau 2 Dinge die man bei einem Silverface Amp tun kann:

  1. Finger weg vom Eyelett-Board! Wenn der Amp keine Geräusche macht, dann am Besten alles so lassen wie es ist. Nicht mal die Kathoden-Elkos tauschen. Einfach das Board nicht anfassen, solange es keine Probleme macht.

  2. Eyelet-Board komplett ausbauen und entkernen. Wachs entfernen. Reinigen. Eyelet-Board neu aufbauen.

Das klingt vielleicht ziemlich radikal, aber es hat sich einfach gezeigt, dass alles dazwischen Murks ist und immer wieder neue Probleme heraufbeschwört. Bei TWS lehnen wir es mittlerweile ab, zu möglichst geringen Kosten auf diesen Boards herumzupfriemeln. Das sind dann genau die Amps, die alle paar Monate zurück kommen und sich der Besitzer beschwert, dass "schon wieder was ist". Entweder wir lassen die Finger vom Eyelet-Board, oder wir machen es einmal richtig!

Unser Vibrolux-Reverb zeig zwar bisher keine "Symptome", aber wir möchten diesen für Rudi super-stabil und super-nebengeräuscharm machen. Und das auch nicht nur für kurze Zeit, sondern langfristig. Also: Wir buchen die große Hafenrundfahrt!

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"German De-Waxing": The Process

Ok, das Entwachsen eines 70er Silverface-Amps ist keine speziell Deutsche Erfindung. Gute Amp-Techs rund um den Globus machen das so, oder so ähnlich. Aber das Wortspiel mit "Brazilian Waxing" war einfach zu verlockend...

Wie sieht das also aus wenn wir einen Silverface-Amp komplett von seiner Wachsschicht befreien? Und was brauchen wir dazu? ​ Heisluftfön, Küchenrolle, Schlitz-Schraubenzieher, Isopropanol und Geduld...

Here we go:

  1. Ablöten aller Kabel-Verbindungen zum Board. Solange ihr nicht einen Fender-Amp blind wieder aufbauen könnt: Macht Euch viele Photos davon, welches Kabel wohin kommt. Und noch ein Tipp fürs löten: Arbeitet heiß, kontrolliert und schnell. Die Isolation der weißen Spaghetti-Kabel schmilzt schneller wie ihr schauen könnt.

  2. Ausbau des Eyelet-Boards und des Isolation-Boards darunter.

  3. Auslöten aller Bauteile und Kabelverbindungen auf dem Board. Legt Euch die Bauteile am besten auf nem Layout-Diagram des Amps in der richtigen Reihenfolge wieder hin.

  4. Jedes ausgelötete Bauteil wird vom Wachs befreit (Heisluftfön/Küchenrolle) und auf Einhaltung seiner Werte überprüft. Schlechte Bauteile werden direkt gegen neue mit gleichem Aufbau und Spezifikation ersetzt.

  5. Reinigung aller Eyelets von altem Lötzinn. Entlötstation, Entlötpumpe, Entlötlitze... das sind die Tools Eurer Wahl in absteigender Reihenfolge. Oder ihr macht den Pro-Move mit "Ausklopfen der Eyelets über Mülleimer". Lötzinn in Eyelet flüssig machen... Board auf Rand von Mülleimer klopfen... Eyelet clean!

  6. Entwachsen Pt.1- Grobreinigung: Heislüftfön, viel Küchenrolle... Wachs schmelzen und wegputzen. Oberseite/Unterseite der Boards. Oder ihr stellt das Board einfach senkrecht in ein Gefäss und schmelzt mal die heftigste Wachsschicht mit dem Heißluftfön runter. Aus dem Wachs könnt ihr anschließend ne Kerze machen. Duftrichtung: Vintage Fender!

  7. Entwachsen Pt.2 - Feinreinigung: Wenn das meiste Wachs entfernt ist, geht man wieder mit dem Heißluftfön auf das Eyelet-Board. Das fängt wieder an zu glänzen. Das ist Wachs, das aus dem Eyelet-Board kommt. Erhitzen... wegwischen... erhitzen... wegwischen. Solange bis nichts mehr kommt.

  8. Altes Flussmittel entfernen: Um die Eyelets hat man jetzt meist so ne krustige Schicht. Das ist altes Fluss mittel vom Lötzinn. Die kratzen wir mit einem Schlitz-Schraubenzieher weg und reinigen anschließen das komplette Board großzügig mit Isopropanol.

  9. Deep-Cleaning aller Eyelets: Das Board sieht jetzt wieder super aus. Zu früh gefreut. Wir erhitzen jetzt jedes Eyelet mit dem Lötkolben, und sind erstaunt wie viel Wachs und Flussmittelrückstände rund um die Eyelets noch herausgetrieben werden. Wegwischen mit Küchenrolle, reinigen mit Isopropanol, und wiederholen bis nix mehr außer Isopropanol rauskommt.

  10. Wiederholen auf der Rückseite des Eyelet-Boards und auf Vorder- und Rückseite des Isolation Boards

 

Ok, das ist kein einfacher Prozess, und man macht das nicht in 5min. Es ist zeitintensiv. Als Belohnung erhält man Lötboards die quasi im Neuzustand sind, sich darauf freuen wieder mit den originalen Komponenten bestückt zu werden und diesen dann ein optimales Zuhause bieten. Und als "Extra" erhält man noch viele wachsgetränkte Küchentücher, die sich perfekt als Grillanzünder verwenden lassen. Perfekter Anlass für ne Barbecue-Party!

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Neuaufbau

Und Modding...

So, da sitzen wir nun also mit unserem Vibrolux Reverb Puzzle und müssen das wieder zusammen bekommen. Eine schlechte Idee ist es, einfach mal drauf loszulöten. Eine bessere Idee ist es sich vorher genau zu überlegen, was man am Ende haben möchte. Sonst lötet man im Kreis.

Was wollen wir?

  1. Wir wollen die Schaltung auf die AA964 Blackface-Spec umbauen

  2. Wir wollen die obskure "Pull-Boost" Funktion NICHT haben

  3. Wir wollen im Vibrato Kanal nen Mittenregler

  4. Wir wollen ein gut funktionierendes Mastervolume

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Und wir zerlegen weiter...

Ja, sorry... wir wollten ja eigentlich wieder aufbauen. Kommt gleich, ehrlich. Nur noch kurz ein wenig "schöner Wohnen"...

Als erstes fliegt die Verkabelung der "Pull-Boost" Schaltung raus. Ja, kann man auch einfach deaktivieren, aber wir mögen keinen unnötigen Kabelsalat. Dann fliegt das nachgerüstete Mitten-Poti raus. Warum? Wir wollen doch ein Mittenpoti. Ja, wollen wir... aber ein anderes. Und dann fliegt noch das nachgerüstete Mastervolume raus. Das war relativ schlecht am Eingang des Phase-Inverters implementiert. Wir wollen definitiv ein Post Phase Inverter Master Volume (PPIMV). Aber dazu später mehr.

In einer perfekten Welt...

Hätten wir nen Vibrolux Reverb bei dem das Frontpanel nicht durch 2 grobschlächtige Bohrungen entstellt wäre. Was würden wir denn dann eigentlich tun in Punkto Modifikation?

  1. Die Pull-Boost Schaltung würde trotzdem rausfliegen

  2. Wir würden auf der Rückseite die Bohrung für die Fußschalterbuchse des Pull-Boost nutzen, um hier ein Mastervolume zu installieren. Hier wäre auch genug Platz für ein TWS PPIMV WonderVol.

  3. Anstatt eines Mittenreglers würden wir die Pull-Boost Schaltfunktion im Volume Poti des Vibrato-Kanal dafür zu verwenden einen schaltbaren Mid-Boost zu realisieren. Also quasi ein Pull-Mid-Boost Schalter.

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Neuaufbau & Modding:

Wir starten also quasi mit einem komplett jungfräulichen Eyelet-Board in perfektem Zustand. Bauteile die ihre Werte nicht mehr einhalten, haben wir lokalisiert und ersetzt.

Bei einer Original-Restauration würden wir das Eyelet-Board jetzt wieder einfach mit allen bestehenden bzw. erneuerten Komponenten neu bestücken.

In unserem Fall verhält es sich ein wenig anders. Da wir den Vibrolux-Reverb "Blackfacen" müssen wir beim Wieder-Aufbau die entsprechenden Schaltungsänderungen beachten. Dies sind hauptsächlich Änderungen im Phase Inverter und im Hall-Treiber. Zudem wird die Zuführung der Bias-Spannung für die Endstufe nicht mehr über zwei 220k Widerstände auf dem Eyelet-Board gemacht, sondern geht direkt auf das PPIMV.

Eyelet-Board, all original?

Neben dem ganzen Wachs-Schlamassel bieten natürlich alle "alten Bauteile" noch das Potential für Ärger zu sorgen. Auch wenn wir sie alle vermessen haben, und sie gute Werte zeigen... ein 45 Jahre alter Kohlepress-Widerstand kann Nebengeräusche machen. Ebenso ein 45 Jahre alter Keramik-Kondensator am Treble-Regler in der Klangregelung. Die Pflaumen-Farbenen Polypropylen-Kondensatoren von Sprague sind meist über jeden Zweifel erhaben.

Tauschen wir hier also "auf Verdacht"? Nein, das tun wir nicht... wir möchten möglichst viel der originalen Klangsubstanz erhalten. Deshalb bestücken wir zunächst das Board mit den "alten" Bauteilen und ändern diese nur an den Stellen wo wir "Blackfacen" gegen identische Typen mit anderen Werten.

Dies kann später vielleicht doch wieder zu kleineren Problemen führen, aber man muss bei diesen Amps vorgehen wie wenn man eine Zwiebel schält. Zuerst entfernt man die äußerste Schale, und dann muss man sich Stück für Stück durch die verschiedenen Schichten arbeiten. Und falls später dann doch noch ein "Vintage-Bauteil" ist das jetzt auch schnell und ohne Sauerei getauscht.

Und ja, natürlich kann man jetzt anfangen zu diskutieren, ob es nicht besser wäre bei einem Neuaufbau des Board gleich technisch bessere oder hochwertigere Bauteile zu verwenden. Rauschärmere Metallschichtwiderstände an den Anoden der Röhren, Silver-Mica's anstatt der ollen keramischen Disc-Caps, usw. Nochmal: Wir wollen keinen neuen Amp bauen, wir wollen einen alten Amp restaurieren. Und ob ihr es glaubt oder nicht, die ach so gehypten Silver-Mica's tun einem klassischen Fender Amp klanglich nichts gutes. Hiermit werden diese Amps meist zu steril und verlieren die typischen, leicht schmierigen, aber organisch klingenden Höhen. Nur um ein Beispiel zu nennen.

Nicht ganz so zimperlich sind wir bei bei den Kathoden Elkos der Vorstufe, diese müssen nach 45 Jahren einfach ersetzt werden. Wir verwenden hier sehr hochwertige, Bipolare Typen von TAD. Genau so gönnen wir der Vibrato-Schaltung neue "Disc Caps" im Oszillator. Die machen keinen "Sound", sie oszillieren nur munter vor sich hin um das Vibrato schneller oder langsamer zu machen.

Und ach ja, das Tremolo, äh Vibrato...

Wir hatten ja beim Test festgestellt, dass dieses nicht funktioniert. Unser Hauptaugenmerk liegt hier auf der sog. "Roach" (= Kakerlake). Das ist die klassische Baugruppe von Fender, wo ein LDR und eine Neon-Lampe mit einem Schrumpfschlauch zu einem Bauelement kombiniert werden. Im Laufe der Jahre gibt hier oft der LDR den Geist auf. Wir tauschen die "Roach" also aus gegen eine Neue. Dies wird hoffentlich nicht nur das Tremolo wieder zum Leben erwecken, sondern auch die Tiefe des Tremolos verbessern, weil die darin verbauten LDR's oft im Laufe der Zeit ein wenig "auslutschen"

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Master & Mid Control

So, unser Eyelet-Board ist nun also wieder mit neuem Glanz aus der Asche auferstanden. Widmen wir uns dem Mitten-Regler im Vibrato-Channel und dem Master Volume.

Zugegeben, so wie die Regler ursprünglich angeordnet waren ist das nicht wirklich intuitiv.

... Speed... Intensity... Master... Middle.

The bad news are: Es geht mit den vorhandenen Löchern eigentlich nicht anders! Learn to like it...

Master:

Wir möchten hier ein PPIMV im LarMar-Type. Warum? Ein Vibrolux Reverb ist eigentlich ein auf "Clean" getrimmter amp. Er kann aber auch verzerren. Die Verzerrung entsteht zuerst im Phase Inverter. Wenn wir nun also das Master Volume (wie bisher geschehen) davor einbauen, dann haben wir den Effekt, dass der Amp immer mehr verzerrt je weiter man den Master aufdreht. Das wollen wir nicht weil hier ist man ständig damit beschäftigt am Volume und Master rumzudrehen. Wir möchten uns einen gewissen Sound einstellen können, und den dann in der Lautstärke regelbar haben. Somit muss das Master Volume hinter den Phase Inverter, und am liebsten hätten wir hier unser TWS WonderVol eingebaut, welches auch zu sehr niedrigen Lautstärken einen konstanten Sound ermöglicht. Leider ist es in einem Fender Chassis mit der gewinkelten Front aber so, dass gerade (mit ach und krach) ein normales, doppelstöckiges Poti reinpasst. Und auch nur direkt neben dem Intensity-Regler. Sonst würde es mit dem Bias-Board kollidieren. Von daher bekommt unser Silverface Vibrolux Reverb ein Standard LarMar-PPIMV, welches aber auch einen guten Job macht.

Mittenregler:

Super, der passt ampintern auch mechanisch noch über das Bias-Board. Bisher war da ein 10k Poti verbaut. Jaja, wir wissen schon woher das kommt: Das war Wert, den Fender für das Mittenpoti in einem Twin Reverb oder Super Reverb verbaut hat. War das cool? Nicht so richtig. Fender Amps leben davon einen recht ausgedünnten Mittenbereich zu haben. Im Vibrolux Reverb war der Mittenbereich mit einem 6.8k Widerstand auf einen festen Wert gesetzt. Installiert man nun stattdessen ein 10k Poti, dann muss man dieses fast auf 7 drehen um den originalen Sound zu erhalten. Drunter gibt es dann eigentlich nur "noch weniger Mitten", und nach oben hat man auch nicht viel Spielraum.

Wir bevorzugen an dieser Stelle ein 25k Mittenpoti, ähnlich wie in einem Marshall. D.h. für den Werkszustand ohne Mittenregler muss man dieses auf ca. 3,5 zurück drehen. Allerdings hat man nach oben viel Spielraum, und ihr glaubt nicht wie gut einem Fender Vibrolux Reverb ein paar Mitten tun, wenn man sich in Blues- oder Rock-Gefilde begibt. Dieser Regler definiert definitiv den Charakter des Amps.
 

Wir sind gespannt wie der Amp jetzt tut!

Wiederauferstehung

Und ein paar Final Tweaks...

Im Prinzip haben wir nun einen komplett neu aufgebauten 1979er Vibrolux Reverb vor uns, und zwar deutlich besser wie im Originalzustand:

  1. Alle in die Jahre gekommenen Elkos wurden getauscht

  2. Die BIAS-Schaltung wurde optimiert

  3. Die Verdrahtung der Endstufensdockel wurde überholt

  4. Masseverbindungen wurden optimiert

  5. ALLE Lötboards wurden komplett vom Wachs befreit und gereingt

  6. Die Verstärker-Schaltung wurde komplett neu aufgebaut nach der AA964-Spezifikation, aber es wurden quasi alle originalen Bauteile wiederverwendet.

  7. Die Pull Boost-Schaltung wurde entfernt und es wurde ein Mittenregler im Vibrato-Kanal und ein Post Phase Inverter Master Volume integriert.

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Erste Eindrücke:

Wir fahren den Vibrolux also langsam am Variac hoch. Stromaufnahme ist normal... aber wir hören nix aus dem Speaker. Seltsam. Master also auf 10, Volume auf 5. Hmmm, ok... wir hören ein sehr dezentes weißes Rauschen. Gitarre angesteckt. Holy Shit, ist das laut!

Ich möchte nicht angeben, aber vermutlich ist das in Punkto Nebengeräusche einer der leisesten Vintage-Fenders die ich je gehört habe. Da steckt auch keine Magie dahinter, sondern einfach viel Sorgfalt und Detailarbeit bei der Restauration eines solchen Amps. Letztendlich ist unser Vibrolux der Gegenbeweis zu der landläufigen Meinung: "Vintage Amps haben immer Nebengeräusche, das ist normal!". Nein, das ist nicht normal. Ein sehr gut gewarteter Vintage Amp kann unglaublich Stil sein.

Soundcheck:

Oh ja, das "Blackfacing" hat dem Amp gut getan. Auch der neue Mittenregler und das PPIMV Master Volume. Der Clean-Sound war auch vorher schon sehr gut, aber teilweise doch etwas "Spitz" und zu sehr "HiFi". Der Amp klingt nun insgesamt hörbar runder, und auch der Übergang in den Overdrive ist nun deutlich gutmütiger.

Speziell wenn der Amp ein wenig zerren soll, ist der neue Mittenregler eine echte Waffe. Mit etwas weiter aufgedrehten Mitten verzerrt der Amp deutlich harmonischer, hat mehr "Fleisch" und klingt nicht mehr so anämisch wie im Ausgangszustand.

Das Master-Volume funktioniert prima, und erlaubt es tatsächlich die Kiste leiser zu kriegen ohne allzu viele Klangveränderungen- bzw. Einbußen in Kauf nehmen zu müssen.

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Optimierung des Röhrensets:

So, der Amp funktioniert also wieder, hat quasi keine Nebengeräusche mehr und klingt bereits aus dem Stand extrem vielversprechend. Schauen wir uns mal das Röhrenset an:

  1. Die 5U4 Gleichrichterröhre ersetzen wir durch eine GZ34, wie sie auch in der Blackface-Ära verwendet wurde. Mit optimal eingestelltem Bias messen wir nun eine Spannung von 442V am ersten Filter-Node. Ah ja... es hat sich also gelohnt Netzteilelkos mit einer Spannungsfestigkeit von 475V einzubauen. Und vermutlich war genau das der Grund, warum Fender in den 70ern auf die 5U4 gegangen ist. Die liefert etwas weniger Spannung, und hat es Fender erlaubt bei den Elkos mit 450V Spannungsfestigkeit zu bleiben trotz einer höheren Netzspannung wie in den 60ern. Die Jungs bei Fender waren halt schon immer Sparfüchse. In unserem Amp können wir uns aber die GZ34 leisten, da wir das Netzteil upgegradet haben.

  2. Die Beiden 6L6 in der Endstufe sind ein noch relativ junges Pärchen von TAD und arbeiten absolut einwandfrei. Wir haben sie auf ca. 60% bPlate Dissipation eingemessen.

  3. Die Vorstufenröhren sind ein "Mixed Bag". Sowohl die 12AT7 im Phase Inverter, als auch die 12AT7 im Hall-Treiber sind schon etwas mitgenommen. Die Hall-Treiber Röhre tauschen wir gegen eine schnöde JJ (tut nicht viel zum Klang, muss nur Strom liefern), im Phase Inverter verwenden wir eine schöne NOS JAN Röhre "Made in USA". Die Groove Tubes 12AX7 im Vibrato-Kanal war etwas Mikrofonisch und wurde gegen eine NOS 12AX7 von Teonex getauscht (vermutlich Telefunken oder Valvo). Die 12AX7 im Reverb-Recovery des Vibrato Kanals hatte für unseren Geschmack etwas zu viele Nebengeräusche an dieser sensiblen Stelle der Schaltung. Hier verlassen wir uns in Zukunft auf eine sehr hochwertige Sovtek 12AX7WB

Somit "überleben" also nur 2 der ursprünglichen Vorstufenröhren, und zwar im Input des Normal-Channel und in der Vibrato-Schaltung. Hat die Optimierung des Röhrensets die Welt verändert? Nein, aber dennoch hat es dem Amp etwas mehr Headroom beschert und er spielt insgesamt etwas souveräner und dynamischer.

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Final Tweaks:

Reverb:

Wie bei quasi allen klassischen Fender Amps, ist das Reverb-Poti quasi ein Schalter zwischen "Kein Reverb" und "Zu viel Reverb". Eigentlich ist das Reverb-Poti nur in dem Regelbereich 0-3 sinnvoll nutzbar. Man kann die Hall-Schaltung nun anpassen, indem man weniger Pegel in die Hallspirale gibt. Das ändert aber auch die Tiefe des Halls. Rudi soll nun erstmal in den vollen Genuss der klassischen Fender Spring Reverb Schaltung kommen, wie man sie aus einem Deluxe Reverb oder einem Super Reverb kennt.

 

Ich persönlich bin keine Mega-Fan davon, da ich den Hall immer etwas zu lang finde und er sich für meinen Geschmack nicht so richtig mit der Gitarre verbindet. Aber hey, das ist halt der "Klassiker"!

Was wir aber getan haben, ist dass wir das Reverb Poti auf eine logarithmische Type verändert haben. Somit hat man wenigstens einen sinnvollen Regelbereich von 0-6.

Klangregelung:

Fender Amps haben Bass. Viel Bass! Profis sagen: "Dreh bei einem Super Reverb den Bass-Regler ja nie über 3!". Und sie haben recht. Speziell wenn man einen klassischen Fender Amp in den Overdrive treibt, ist es meist der Bassbereich der als erstes "Fusselig" und unkonturiert wird. Da wir wissen, dass Rudi gerne SRV-Licks frönt (und hierbei viel Energie auf die tiefen Saiten gibt), haben wir uns entschlossen den Tone-Cap für den Bass-Regler von 100nF auf 47nF zu verkleinern. Dies verändert nicht den Grundsound des Amps, allerdings gewinnen wir spürbar mehr Tightness auf den tiefen Saiten, ohne dass der Amp "Dünn" klingt. We like it! Und dann kann man den Bass-Regler auch mal ohne schlechtes Gewissen auf 5-6 drehen... ;-) 

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Final Thoughts

Ist so ein Amp das Wert?

Wer es bis hier hin geschafft hat ohne einzuschlafen: Glückwunsch!

Ihr habt gelesen, was alles notwendig ist, um aus einem ungeliebten Fender Silverface einen Top Verstärker zu machen der jedem Blackface-Model Paroli bietet bzw. sogar deutlich besser ist.

Bei einem normalen Auftrag muss man hier mit Kosten im Bereich 500-600,- EUR rechnen. Das ist erstmal ziemlich heftig. Lasst uns mal die Gebrauchtpreise von einem Fender Super Reverb vergleichen:

  1. Ein mittelmäßig erhaltener Silverface Super Reverb geht für 1.000-1.500 EUR über die Ladentheke

  2. Ein mittelmäßig erhaltener Blackface Super Reverb geht meist für 2.000-2.500 EUR über die Ladentheke

Fazit:

Es lohnt sich absolut, einen Silverface Amp günstig zu kaufen und hier das entsprechende Geld in eine grundlegende Überarbeitung bei einem Spezialisten zu investieren. Man erhält am Ende einen Amp mit quasi identischen Zutaten wie in der Blackface-Ära, allerdings mit einem deutlich besseren Sound und weniger Nebengeräuschen.

Lasst es und mal so formulieren:
Falls ihr ein Sammler seid, dann kauft Euch einen möglichst originalen Blackface-Amp und tut den in den Tresor als Geldanlage. Falls Ihr einen solchen Amp regelmäßig spielen möchtet: Kauft Euch ein Silverface Modell und lasst ihn von einem Spezialisten überarbeiten und Fit machen!

What Rudi says...

... seht ihr auf Instagram!

 

Wir sind gespannt was er aus diesem Amp herauszaubert!

Folgt Rudi einfach auf Instagram unter @rudi_bf um auf dem Laufenden zu bleiben. Hier schon mal ein Vorgeschmack...

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